Für 15 Euro Heimatluft schnuppern! Kurztrip Dezember 2005 mit Raynair und Bus und Faltrad in die Heimat Michael Preuschoff Man klickt so durch die Discount-Fluggesellschaften im Internet: Wohin könnte man denn vor Weihnachten noch mal schnell einen Kurztrip machen? Und bei Ryanair bleibe ich hängen: Riga, Dublin, Santiago - oder Danzig? Und ich stelle fest, für 32 Euro hin und zurück, das wäre doch etwas? Und da ist schließlich mein Freund und Namensvetter, der letzte deutsche Bauer im Kreis Braunsberg, dem ich vor eineinhalb Jahren den Pflug gebracht hatte (ein Bericht war in dieser Zeitung), dort bin ich doch willkommen! Aber für wie lange? Na ja, 2 Tage reichen wohl - schließlich haben alle vor Weihnachten viel zu tun - oder auch nicht, und was soll ich in der Kälte irgendwo herumsitzen? Und da der Flieger erst gegen 21 Uhr in Danzig ankommt, würde ich dort erst einmal übernachten, am nächsten Vormittag ein wenig durch Danzig bummeln und mittags dann ins Ermland, dort den Abend eine oder zwei Flaschen Wein trinken und dann noch einmal schnell nach Braunsberg und zurück nach Danzig. Klar, mein Faltrad nehme ich mit, da bin ich beweglicher und vor allem kann ich auch noch ein wenig durch Ostpreußen radeln! Als ich schließlich etwa zehn Tage vor dem anvisierten Termin - vom 12. bis 14. Dezember - buchen will, stelle ich fest: Sonderaktion - 15 Euro, alle Gebühren inklusive! Wie man sich doch immer noch freuen kann über die kleinen Ersparnisse! In Frankfurt-Hahn, dem Spezialflugplatz des irischen Discountfliegers dann schon mal eine schöne Überraschung: Ich fliege tatsächlich nach Danzig! Inzwischen habe ich erfahren, dass in der Fliegerei von hier aus der deutsche Name verwendet wird, sobald deutsch gesprochen oder geschrieben wird - und weitestgehend auch ausschließlich, also nicht in dieser neumodischen Kombination, indem immer beides gesagt oder geschrieben wird (als ob wir immer noch eine Belehrung brauchten)...
Auch bei Ryanair heißt Danzig immer noch Danzig! In Danzig (am Flugplatz möglichst kein Geld umtauschen oder nur ganz wenig für den Flughafenbus Nr. 8 nach "Borunnia - Goscinna"!) hatte ich mir aus dem Internet eine kleine Pension "LULU" in der ul. Drwecka 5 (Tel. 0048583031721) ausgesucht und mich angemeldet, was will ich denn in einem großartigen Hotelzimmer mit Fernsehen usw.? Und Frühstück bekam ich schließlich auch noch! Ach ja, falls dort nichts mehr frei gewesen wäre, würden die sicher auch etwas in der Nachbarschaft besorgen - da gibt es noch ähnliche "Minihotels".
Bürgerhäuser mit den Beischlägen in Danzig Auch für Besucher ohne Faltrad würde genügend Zeit bleiben für einen ersten Eindruck von der Danziger Altstadt mit den wiederaufgebauten Kirchen St. Marien und St. Katharina und der unzerstörten Kirche St. Nikolai, dem Krantor, dem Artushof, dem Neptunbrunnen, ich war mit meinem Rad natürlich gut dran! Aber man müßte natürlich schon einige Tage bleiben!
Leuchter in der Nikolaikirche Danzig
Krantor in Danzig Leider hatte ich mich für der Weiterfahrt in den Kreis Braunsberg erst einmal auf die Bahn konzentriert, doch das würde eine rechte Kottelei werden, mit mehrfachem Umsteigen (in Dirschau und Marienburg und schließlich in Elbing), und falls da nur bei einer Verbindung eine Verspätung wäre, würde das ganze nicht mehr klappen. Doch mit dem Autobus vom Busbahnhof in der Nähe des Hauptbahnhofs war die Fahrt nach Elbing kein Problem und dort gibt es auch immer einen Anschluß nach Braunsberg. Leider hatte ich so viel Zeit verplempert, dass ich die Haffuferbahn (ab Elbing um 14.39 Uhr) nicht mehr erreichte, schade, denn die Fahrt am Haff entlang soll sehr schön sein. Wunderschön war dann die kleine Radtour in der Dämmerung und bald auch nur im Mondschein ab Frauenburg durch die ermländischen Alleen über Heinrichsdorf nach Vierzighuben kurz vor Bludau, wo meine Freunde wohnen. Na ja, und es gab den Abend viel zu bereden, ob mein Freund nicht endlich einmal seine Schweine zu einer Wurst nach ermländisch-ostpreußischer Art zum Verkauf beim nächsten Ostpreußentreffen verarbeitet, ob gegen das Ungeziefer auf dem Hof und gegen die ungebetenen Füchse und auch die im Fischteich immer wieder auftauchenden Ottern Hunde oder Katzen besser sind (leider mögen seine Hunde die Katzen nicht), ob er nicht auch mal zu mir ins Rheinland fliegt, um sich hier selbst mal nach einem günstigen Gebrauchtwagen umzusehen und ihn in die Heimat zu fahren, wie man in der Nähe der Demarkationslinie zum russischen Gebiet am günstigsten an Sprit kommt....
Blick vom Hof von Stefan Preuschoff in Richtung Frauenburg Am folgenden Vormittag kamen zum Frühstück noch die Schwestern Ulla und Magdalene, die in Elbing wohnen, und mittags ging's dann ab mit dem Faltrad nach Braunsberg. Knapp erreichte ich den Expressbus nach Danzig um 15.15 Uhr, das ist wohl die günstigste Verbindung. Na, und kurz vor Mitternacht war ich wieder in Frankfurt-Hahn und am frühen Morgen zuhause in Kerpen. Ich hatte mein Auto in einem Dorf in der Nähe des Flugplatzes geparkt, aber es gibt auch (kostenpflichtige) Parkplätze näher am Flughafen und Busverbindungen nach Frankfurt, Koblenz und Köln, auch noch nach Mitternacht.
Braunsberg Kirche St. Katharina Wäre so ein Trip nicht eine Idee für andere Ostpreußen - und insbesondere junge, die einmal sehen, wo ihre Großeltern her kommen - man kann ja auch ein paar Tage länger bleiben! Und um zu den günstigen Tarifen zu kommen, muß man eben rechtzeitig buchen, im Allgemeinen gilt bei diesen Billigfliegern: Je früher man bucht, desto günstiger, aber es gibt auch Sonderaktionen. Und man sollte sich nicht auf den Tag festlegen, bisweilen gibt es ein paar Tage früher oder später schon wieder ganz andere Preise! |