KREISGEMEINSCHAFT BRAUNSBERG (OSTPREUSSEN) e.V.


Wormditt

Das rote Herz des Ermlands bin ich.

Wormditt nannten sie mich,

Die Vergangenen, deren Herz in meinem geschlagen.

In fernen Tagen

Wuchs ich auf neben den schönen Lauben,

Die meine schlesischen Kinder um den Markt gebaut.

Sie freiten dies Land wie eine reiche Braut,

Junge Bauernsöhne, die mit schweren braunen Pferden kamen,

Die bedächtig Acker und Hof in Augenschein nahmen.

Vor meinem goldblanken Altar sind sie getraut,

Zum Rathaus, - wie eine Glucke liegt es inmitten

Kleiner Häuschen, die unter sein Backsteingefieder

Ängstlich vorm Marktlärm ducken nieder, -

Ist der Brautzug zum Frühtrunk geschritten.

Kinder lärmten unter den Lauben wie heut.

Über die Dächer kreisten Tauben. Mein Mittagsgeläut

Ging gemach, wiegend über das Storchnest am Rathausdach.

Grün wie ein Lindenblatt sah Wintersaat über raten Dächerzug,

Bunt wie ein Bauerntuch breitete sich das Land um meine Stadt.

Hügel hob sich an Hügel, ackerbraun, sanft wie ein Tier.

ErIengrund, aus dem silberne Bachschlange sah.

Tannendunkles, harzduftendes Waldrevier.

Linden, moosig und silbergrün, uralten Heerweg geleitend,

Linden, flachsblondes Blühn über Laubenhäuser breitend,

Fachwerkbunte, vor langen Scheuern und Strohdachställen,

Ziehbrunnengeknarr und Peitschengeknall, Viehbrüllen und Bellen, -

Und überall, an schweren Alltags staubigem Straßenrand,

Wegweiser des Himmels, Schrein und Kreuze stand.

Und weit über Feld verstreut,

Von den Staffeltürmen, den roten,

Hat mir den Brudergruß geboten

Dorf um Dorf, mit verhallendem Geläut, - - -


Agnes Miegel

 

siehe geschichtliche Entwicklung der Stadt Wormditt/Ostpreußen im Überblick

www.braunsberg-ostpreussen.de